Ziele und Kenngrößen für das Ideenmanagement und seine Bündnispartner

Geschrieben von: Dr. Hartmut Neckel am: 31.01.2023

  • Themen: Smarte Ziele und Erfolgskriterien für ein Ideenmanagement; direkter, indirekter und formaler Nutzen des Ideenmanagements; Partner und Stakeholder des Ideenmanagements; Ideenmanagement im Umfeld von OPEX, HR, QM, EHS und anderen

Das Ideenmanagement ist in den meisten Unternehmen kein besonders starker Prozess. Es tut also gut daran, Bündnispartner zu suchen. Die gewinnt es am ehesten dort, wo sich gemeinsame Ziele und Interessen finden. Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Funktionsbereichen, mit denen Win-win-Situationen möglich sind. Oft bedarf es aber eines ersten Schrittes, damit Verbindungen mit beidseitigem Nutzen entstehen.

Dieser Blogbeitrag kombiniert zwei Themen, die jedes für sich bereits komplex sind: Das Thema „Ziele und Kenngrößen“ und das Thema „Bündnispartner“. Beide Themen waren bereits Gegenstand mehrerer früherer Blogbeiträge, auf die ich an entsprechenden Stellen verweisen werde. Den Sinn dieser Kombination hatte ich im vorangestellten Eingangsstatement genannt: Gemeinsame Ziele und Interessen sind eine gute Basis für Partnerschaften, Kenngrößen geben Aufschluss über den Grad der Zielerreichung und der Übereinstimmung mit Interessen. Kooperationen als Erfolgsfaktor des Ideenmanagements waren mit einigen Praxisbeispielen bereits Gegenstand im Blogbeitrag „Erfolgsfaktor 2/9 – Prozess: Kooperation“.

 

Zunächst einige Vorbemerkungen zum Thema „Ziele und Kenngrößen“:

  • Unter einem „Ziel“ verstehe ich etwas, das ich erreichen will und zu dessen Erreichung ich etwas beitragen kann. Damit bereits die Formulierung eines Ziels seine Erreichung unterstützt, ist es förderlich, das Ziel „SMART“ zu formulieren. Anders als die übliche Definition „SMARTer“ Ziele, bevorzuge ich, dem Buchstaben „S“ die Bedeutung „Selbst erreichbar“ zu geben (und den Anspruch, „spezifisch“ zu sein, als Teilaspekt von „messbar“ zu betrachten). Dadurch lässt sich leichter zwischen „Zielen“ und „Wünschen“ bzw. „Interessen“ unterscheiden. „Morgen scheint bei mir die Sonne“ ist in diesem Sinn kein „SMART“ formuliertes Ziel, denn die Zielerreichung liegt völlig außerhalb meines Einflussbereichs. Dagegen wäre „Morgen bin ich an einem Ort, an dem die Sonne scheint“ durchaus ein „SMART“ formulierbares Ziel.
  • Gleichwohl kann ich ein „Interesse“ daran haben, dass bei mir morgen die Sonne scheint. Jede Wetter-App zeigt mir die Kenngrößen an (Sonnenscheindauer, Grad der Bewölkung, usw.), anhand derer ich beurteilen kann, inwieweit die Realität meinen Interessen entspricht. Es ist sogar sehr sinnvoll, diese Kenngrößen zu beachten, um realitätsgerechte Pläne und Maßnahmen entwickeln zu können. Sie ahnen vielleicht schon, worauf das hinausläuft: Ziele für die Höhe von Einsparungen im Ideenmanagement „SMART“ (in meinem Sinne) zu formulieren, wird schwierig – doch dazu später…
  • Ziele gibt es auf unterschiedlichen Ebenen: Die Einführung eines Ideenmanagements wäre ein Ziel auf der strategischen Ebene; im Ideenmanagement bestimmte Werte etwa der Beteiligungsquote oder der Durchlaufzeiten zu erreichen, wären Ziele auf der operativen Ebene. Bei diesen Beispielen sind die Kenngrößen klar, anhand derer die Zielerreichung messbar ist (für das Ziel, ein Ideenmanagement einzuführen, ist es die „ja/nein“ Feststellung, ob eine Prozessbeschreibung oder Betriebsvereinbarung in Kraft gesetzt wurde).
  • Die Frage, mit welchem Ziel („wozu?“) denn ein Ideenmanagement eingeführt werden soll, bringt nochmals andere Ebenen ins Spiel. Ob man dann besser vom „Zweck“ oder von einem „übergeordneten Ziel“ spricht, der bzw. das mit der Einführung eines Ideenmanagements erreicht werden soll, sei einmal dahingestellt. Entsprechende Fragen stellen sich auch, was denn damit bezweckt wird, wenn etwa Beteiligungsquoten oder Durchlaufzeiten bestimmte Werte erreichen sollen. Die Antworten auf solche Fragen machen übrigens Ziele „attraktiv“ (im Sinne der „SMART“ Systematik).
  • Neben Zielen (und Zwecken), die man ausdrücklich anstrebt, gibt es auch „positive Nebenwirkungen“, um deren willen allein man ein Ideenmanagement nicht einführen würde. Aber weil man deren Nutzen gern „mitnimmt“, ist man auch an den entsprechenden Kenngrößen interessiert und definiert vielleicht sogar Zielvorstellungen für das Ausmaß des so bewirkten (Zusatz-)Nutzens. Ein Beispiel hierfür ist etwa der Nutzen des Ideenmanagements für eine positive Image- und Außenwirkung (mehr dazu unten beim Bündnispartner „Unternehmenskommunikation“).

 

Und drei Vorbemerkungen zum Thema „Bündnispartner“:

  • Der wichtigste Bündnispartner auf der strategischen Ebene ist die Unternehmensleitung (ggf. im Zusammenwirken mit einem Betriebs- oder Personalrat). Ohne ihre Zustimmung wird kein Ideenmanagement eingeführt, ohne ihr (ggf. stillschweigendes) Einverständnis wird kein Ideenmanagement fortgeführt. An erster Stelle muss also die (möglichst „SMARTe“) Klärung stehen, ob die Unternehmensleitung das Ziel hat, dass es ein Ideenmanagement geben soll, und was damit bezweckt wird. Bereits diese Fragen sind in vielen Unternehmen nur unzureichend beantwortet – daher gehe ich im nächsten Abschnitt darauf zuerst ein.
  • Von „den Mitarbeitern“ als Gesamtheit zu sprechen, mag vielleicht ebenso problematisch sein, wie jeden einzelnen Mitarbeiter zum potentiellen Bündnispartner zu erklären – da jedoch ohne ihre Mitwirkung im Ideenmanagement gar nichts läuft, ist es allemal unerlässlich, die konkreten und grundsätzlichen Nutzenaspekte zu vermitteln, die das Ideenmanagement ihnen bietet.
  • Als weitere potentielle Bündnispartner betrachte ich Abteilungen bzw. Zuständigkeits- und Funktionsbereiche, die ein aus ihrer jeweiligen Aufgabenstellung resultierendes Interesse an spezifischen Nutzeffekten haben, die sich aus dem Ideenmanagement ergeben. „Spezifische“ Nutzeffekte können etwa die Wirkung auf das Verhalten von Mitarbeitern sein oder die Verfügbarkeit von Kennzahlen zu Themen, die für einen Bündnispartner interessant sind. Dass es für jeden Zuständigkeits- und Funktionsbereiche „nützliche“ Vorschläge geben kann, und dass der allgemein für das Gesamtunternehmen bewirkte Nutzen auch allen einzelnen Zuständigkeits- und Funktionsbereichen zugute kommt, sollte zwar nicht vergessen werden, ist aber bei der Suche nach Bündnispartnern nur begrenzt hilfreich.

 

Übergeordnete Ziele: Wozu haben Unternehmen ein Ideenmanagement?

Nehmen wir an, eine Unternehmensleitung überlegt, erstmalig ein Ideenmanagement einzuführen. Warum sollte sie das tun – zu welchem Zweck und um welche Ziele zu erreichen?

Im Blogbeitrag „Wozu Ideenmanagement? – Erfolgskriterien“ hatte ich auf diese Frage drei mögliche Antworten genannt:

  1. Managementsystem: Nutzen für Zertifizierungen und Audits, wenn ein im Managementsystem verankerter Prozess zur kontinuierlichen Verbesserung unter Einbeziehung der Mitarbeiter vorgewiesen werden kann.
  2. Direkter Nutzen: Nutzeffekte in Form von (vorzugsweise finanziellen) Einsparungen oder anderweitigen Verbesserungen, die durch die Umsetzung von Vorschlägen erzielt werden.
  3. Indirekter Nutzen: Nutzeffekte durch die Stärkung einer Kultur des Mitdenkens und der Beteiligung sowie durch weitere positive „Nebenwirkungen“.

Mehr zum „direkten“ und „indirekten“ Nutzen des Ideenmanagements finden Sie übrigens auch im Blogbeitrag „Vom Nutzen des Ideenmanagements: Mehr als (nur) Einsparungen!“.

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Abbildung 1: Ziel- und Nutzendimensionen des Ideenmanagements. In Kursivschrift sind Kenngrößen angegeben, anhand derer die Zielerreichung bewertet werden kann.

Randbemerkung: Auch außerhalb dieser drei Nutzenbereiche lassen sich natürlich Gründe finden, warum sich eine Unternehmensleitung dafür entscheidet, ein Ideenmanagement einzuführen. Etwa, wenn ein Betriebsrat die Einführung wünscht, damit die Mitarbeiter von Prämien profitieren können, und die Unternehmensleitung zustimmt, um dafür Zugeständnisse bei anderen Themen zu erhalten. Solche Hintergründe eines Ideenmanagements sind zuweilen Teil der Realität, aber selten eine gute Grundlage für langfristig gedeihliche Bündnisse…

Im Folgenden gehe ich nun auf die möglichen Ziele / Zwecke näher ein, um deren willen eine Unternehmensleitung ein Ideenmanagement betreiben wollen könnte.

Managementsystematik: Das Unternehmen könnte eine Methodik zur kontinuierlichen Verbesserung unter Einbeziehung der Mitarbeiter vorweisen wollen – etwa für Zertifizierungen und Audits. Einen entsprechenden Prozess im Managementsystem verankert zu haben, wird von allen gängigen Normen gefordert.

  • Es gibt nicht wenige Unternehmen, die ihr (als „Vorschlagswesen“ gestaltetes) Ideenmanagement nur oder hauptsächlich zu diesem Zweck eingeführt haben und betreiben.
  • Als Alternative hätten sie auch einen KVP-Prozess einführen können – das erfordert aber meist einen höheren Aufwand (etwa an Arbeitszeit für die Teilnahmen von Mitarbeitern an KVP-Workshops und an Kosten zur Ausbildung von KVP-Moderatoren).
  • Für das Ideenmanagement müssen sie dagegen nur einen (analogen oder digitalen) „Briefkasten“ einrichten und einen Workflow für eingehende Ideen definieren. Oft wird das Konzept dafür vom gleichen Berater mitgeliefert (und zwar in der Regel „von der Stange“), der auch die Erstellung des Qualitätsmanagementhandbuchs unterstützt. Da es immer ein paar Leute gibt, die dann Ideen einreichen, lässt sich im Audit gut belegen, dass das Ideenmanagement existiert.
  • Das ist nicht abwertend gemeint: Wenn es „nur“ darum geht, sein Managementsystem zertifizieren oder auditieren zu lassen, dürfte ein Ideenmanagement der einfachste und billigste Weg sein, das Ziel zu erreichen, dafür einen systematischen Verbesserungsprozess vorweisen zu können.

Direkter Nutzen: Das Unternehmen könnte das Ziel verfolgen, sich zu verbessern – wobei an Verbesserungen, die eine errechnete finanzielle Einsparung bewirken, meistens das größte Interesse besteht.

  • Das Ausmaß der Verbesserung kann man an der Anzahl der umgesetzten Vorschläge messen, die finanzielle Einsparung lässt sich berechnen. Um die Ergebnisse zwischen verschiedenen Jahren und mit anderen Unternehmen vergleichen zu können, empfehlen sich als Kenngrößen die „Umsetzungsquote“ (Anzahl der umgesetzten Vorschläge pro Mitarbeiter) und die „Einsparungsquote“ (errechnete Einsparung pro Mitarbeiter).
  • Für die „Umsetzungsquote“ ist es aus meiner Sicht sinnvoll, „SMARTe“ Ziele zu formulieren. Ansatzpunkte zu ihrer Beeinflussung hatte ich in den Blogbeiträgen zu den Ergebnissen der Kennzahlenvergleiche 2019, 2020 und 2021 aufgezeigt.
  • Für die „Einsparungsquote“ ist es dagegen fraglich, ob Ziele „SMART“ formuliert werden können. Die sich hier stellenden Schwierigkeiten hatte ich in den Blogbeiträgen „Die drei Prinzen von Serendip – oder: Vom Zufall der guten Einfälle“ und „Kennzahlenvergleich Ideenmanagement 2021 – Teil 3: Einflüsse auf die Einsparung“ geschildert. Gleichwohl gibt es durchaus Unternehmen, die mit intelligent in Zielsysteme integrierten Zielvorgaben für die Einsparung sehr erfolgreich sind. Praxisbeispiele finden Sie in den Blogbeiträgen „Ziele für das Ideenmanagement – Vorteile, Risiken und Nebenwirkungen“ und „Best Practice Beispiel: Das Ideenmanagement bei Muhr und Bender“. Da in den meisten Unternehmen großes Interesse an finanziellen Einsparungen besteht, sollte diese Kenngröße dort auch dann gepflegt werden, wenn für sie keine Zielwerte definiert werden. „Wünsche“, welche Größenordnung diese Kenngröße haben soll, wird man sowieso haben…

Indirekter Nutzen: Das Unternehmen könnte das Ziel verfolgen, von den vielen indirekten Nutzeffekten zu profitieren, die ich im Blogbeitrag „Vom Nutzen des Ideenmanagements: Mehr als (nur) Einsparungen!“ beschrieben hatte, und diesen einen (mindestens) ebenso hohen Stellenwert beimessen wie dem direkten Nutzen.

  • Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Unternehmen, die in besonderem Maße Wert auf eine ausgeprägte Beteiligungskultur legen – darunter auch manche, deren Unternehmensleitungen vom Nutzen insgesamt so überzeugt sind, dass sie sich (bzw. ihren Gutachtern) den Aufwand zur Berechnung von Einsparungen völlig ersparen.
  • Sofern es um Beteiligung und Engagement als Ziele geht, bieten sich als Kenngrößen die Beteiligungsquote und die Vorschlagsquote an. Für beide kann man „SMARTe“ Zielwerte definieren – sollte dabei aber die Warnungen beachten, auf die ich im Blogbeitrag „Ziele für das Ideenmanagement – Vorteile, Risiken und Nebenwirkungen“ hingewiesen hatte. Aus meiner Sicht kann man anfangen, von einer „Beteiligungskultur“ zu sprechen, wenn sich mindestens 30% der Belegschaft am Ideenmanagement beteiligen. Das geht dann mit einer Vorschlagsquote in der Größenordnung von 1 Vorschlag pro Mitarbeiter einher.
  • Für weitere indirekte Nutzeffekte wird es deutlich schwieriger, eindeutig relevante Kenngrößen zu definieren – gleichzeitig sind sie es, an denen die meisten potentiellen Bündnispartner des Ideenmanagements interessiert sind. Auf die gehe ich im nächsten Abschnitt ein.

Je nach Zieldimension können manche Kenngrößen als Frühindikator oder als Ergebniskennzahl betrachtet werden: Beispielsweise beschreiben die Beteiligungs- und Vorschlagsquote im Hinblick auf den „direkten Nutzen“ den Input (ohne Beteiligung und Vorschläge gibt es weder Verbesserungen noch Einsparungen als Output). Bei Interesse am „indirekten Nutzen“ beschreiben die Beteiligungs- und Vorschlagsquote dagegen bereits einen Teil des gewünschten Ergebnisses (Beteiligung und Engagement als Output).

Eine besondere Rolle spielen Prozesskennzahlen – im Ideenmanagement sind die Durchlaufzeiten und Abarbeitungsanteile die wichtigsten Kenngrößen für die Prozessqualität. Aufgrund der hohen Bedeutung für alle Zieldimensionen sollten für diese Kenngrößen „SMARTe“ Ziele definiert und im Rahmen des Reporting verfolgt werden (siehe auch den Blogbeitrag „Erfolgsfaktor 5/9 – Commitment: Ziele und Reporting“):

  • Im Hinblick auf die Managementsystematik sind Durchlaufzeiten und Abarbeitungsanteile ein Maß für die Konformität des Ideenmanagementprozesses.
  • Im Hinblick auf den direkten Nutzen bewirken kurze Durchlaufzeiten und hohe Abarbeitungsanteile einen schnellen Beginn des Nutzeffekts.
  • Im Hinblick auf den indirekten Nutzen sind kurze Durchlaufzeiten und hohe Abarbeitungsanteile für die Erfahrung der Selbstwirksamkeit und die positive Wirkung auf „weiche Faktoren“ insgesamt relevant.

Gleichzeitig zählen Wartezeiten auf Bearbeitungen, Entscheidungen und Umsetzungen leider zu den größten und häufigsten Ärgernissen im Ideenmanagement – das Thema „Durchlaufzeiten“ wird daher im ergänzenden Benchmarking des aktuellen „Kennzahlenvergleichs Ideenmanagement 2022“ besonders berücksichtigt.

 

Potentielle Bündnispartner und ihre Interessen

Die Reihenfolge, in der ich im Folgenden auf verschiedene potentielle Bündnispartner eingehe, orientiert sich an der (absteigenden) Häufigkeit, mit der das Ideenmanagement entsprechenden Organisationseinheiten zugeordnet ist (gemäß den Ergebnissen des Kennzahlenvergleichs Ideenmanagement 2021).

Operational Excellence, Lean, KVP: Insbesondere in vielen Produktionsunternehmen gibt es eigene Abteilungen, die ein breites Methodenspektrum für Optimierungen einsetzen. Eine dieser Methoden kann das Ideenmanagement sein.

  • Das primäre Interesse solcher Abteilungen besteht darin, direkte Nutzeffekte zu erzielen – daher gilt hier für Kenngrößen das Gleiche wie oben für das gesamte Unternehmen Gesagte.

Personalwesen, Human Ressources: In die Zuständigkeit des Personalmanagement fallen viele Themen, auf die sich vor allem die indirekten Nutzeffekte des Ideenmanagements positiv auswirken (siehe Blogbeitrag „Ideenmanagement und Personalabteilung als „Bündnispartner“).

  • Als „für das Personal zuständige Abteilung“ sollte die Personalabteilung naturgemäß ein Interesse an der Beteiligung und dem Engagement „des Personals“ am Unternehmensgeschehen haben. Als Kenngrößen hierfür hatte ich oben bereits die Beteiligungsquote und die Vorschlagsquote genannt.
  • Wie ebenfalls bereits erwähnt, wird es für weitere Nutzeffekte deutlich schwieriger, Kenngrößen zu finden – etwa für die positive Wirkung auf die Arbeitgeberattraktivität. Diese Wirkung kann man nicht messen. Was man aber messen und wofür man auch „SMARTe“ Ziele formulieren kann, ist etwa die Anzahl von Maßnahmen, mit denen das Ideenmanagement als Pluspunkt des Arbeitgebers kommuniziert wird. Das Ideenmanagement kann sich selbst als Ziel setzen, solche Maßnahmen zu initiieren.

Managementsysteme: Unabhängig davon, ob das Unternehmen ein „Integriertes Managementsystem“ hat, oder ob Qualitäts-, Umwelt-, Energie- oder Nachhaltigkeitsmanagementsysteme separat betrachtet werden – in jedem Fall sind die jeweiligen Zuständigkeiten auch an einem funktionierenden Prozess interessiert, mit dem sowohl jährliche Verbesserungen zum jeweiligen Thema als auch die dabei erfolgte Einbindung der Mitarbeiter dokumentiert und nachgewiesen werden kann.

  • Zunächst beschränkt sich das Interesse oft darauf, Kennzahlen zur Veröffentlichung in den entsprechenden Management- oder Nachhaltigkeitsberichten zu erhalten. Doch davon ausgehend ist der Schritt nicht weit, auch das Interesse am Funktionieren des Ideenmanagements insgesamt und an seinen direkten Nutzeffekten für das jeweilige Thema zu wecken.
  • Für das Ideenmanagement bedeutet dies, Vorschläge möglichst so zu klassifizieren, dass es als Kenngrößen die Anzahl der zum jeweiligen Thema umgesetzten Verbesserungsvorschläge angeben kann. Das gilt natürlich auch für die meisten der anderen potentiellen Bündnispartner.
  • Wie bereits festgestellt, ist das übergeordnete Ziel, ein Ideenmanagement einzuführen, erreicht, sobald eine Prozessbeschreibung oder Betriebsvereinbarung als Teil des Managementsystems in Kraft gesetzt wurde. Das sagt allerdings noch nichts über die Konformität des Ideenmanagementprozesses aus. Eine weitere Kenngröße, an der zumindest Ideenmanager und Qualitätsmanagementbeauftragte gleichermaßen interessiert sein sollten, ist daher die in internen und externen Audits festgestellte Konformität.
  • In der Einleitung zu seiner Schrift „Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Ideenmanagements in Deutschland“ weist Peter Koblank dem Ideenmanagement eine besondere Nähe zum Qualitätsmanagement zu, weil „immer, wenn ein sinnvoller Verbesserungsvorschlag umgesetzt wurde, sich die Qualität von irgendetwas erhöht hat“ – wobei der Qualitätsbegriff hier ganz im Geist des TQM verwendet wird und etwa die Qualität der Produkte und die Prozessqualität genauso meint wie die Qualität der Arbeitssicherheitsstandards oder des Arbeitsklimas. Dementsprechend definiert Koblank das Ideenmanagement als „ein alle Mitarbeiter einbeziehendes, partizipatives Qualitätsoptimierungssystem“.

Unternehmensleitung: Die (meist strategischen) Interessen von Unternehmensleitungen und entsprechende Kenngrößen habe ich bereits im ersten Abschnitt zu den „übergeordneten Zielen“ beschrieben und die Unternehmensleitung in den Vorbemerkungen als (eigentlich) wichtigsten Bündnispartner benannt. Dementsprechend ist das Ideenmanagement in einem Teil der Unternehmen direkt der Unternehmensleitung als Stabsstelle oder (seltener) einer Abteilung für Strategische Unternehmensentwicklung zugeordnet Der Vollständigkeit halber führe ich die Unternehmensleitung hier nochmals auf.

Innovationsmanagement: Ein primäres Interesse des Innovationsmanagements besteht darin, Ideen für neue Produkte (oder Produkteigenschaften) zu erhalten – insofern sind „Ideen“ das verbindende Element zwischen Ideen- und Innovationsmanagement. Es gibt Unternehmen, für die diese Verbindung daher sehr wichtig ist; in der Mehrzahl der Unternehmen ist das Ideenmanagement allerdings keine sehr ergiebige Quelle für Produktideen. Eine Abgrenzung zwischen Ideen- und Innovationsmanagement finden Sie im Blogbeitrag „KVP, Ideen- und Innovationsmanagement – same, same, but different?“, Praxisbeispiele für das Zusammenwirken im Blogbeitrag „Erfolgsfaktor 2/9 – Prozess: Kooperation“.

  • Als Kenngröße bietet sich die Anzahl der entsprechenden Vorschläge an, die über das Ideenmanagement in den „Innovationstrichter“ gelangen.

Arbeitssicherheit und Gesundheit: Beide Themen leiden mit dem Ideenmanagement darunter, dass sie im Termindruck des Tagesgeschäfts leicht in den Hintergrund geraten. Wenn es terminlich eng wird, sinkt die Aufmerksamkeit für Sicherheits- und Gesundheitsrisiken ebenso wie für Verbesserungspotentiale. Es wird schnell darüber hinweggegangen. Dieses Problem kennt auch das Qualitätswesen: Hektik fördert Fehler. Allen gemeinsam ist also das Interesse, Achtsamkeit auch unter hoher Belastung zur stärken. Inwieweit das gelingt, ist schwer in Kenngrößen zu messen – gleichwohl haben zumindest in den Bereichen Arbeitssicherheit und Qualität die Ziele „0 Unfälle“ und „0 Fehler“ höchste Priorität.

Mitarbeiter und Mitarbeitervertretung: Die Mitarbeiter hatte ich bereits in den Vorbemerkungen als unverzichtbare Bündnispartner benannt. Die Position in dieser Aufzählung ergibt sich aus der Häufigkeit, mit der das Ideenmanagement dem Betriebsrat oder Personalrat (als Interessensvertretung der Mitarbeiter) organisatorisch zugeordnet ist – im Hinblick auf die Bedeutung müssten sie mit der Unternehmensleitung an erster Stelle stehen.

Unternehmenskommunikation: Abteilungen für Marketing oder Unternehmenskommunikation stehen ständig vor der Herausforderung, Inhalte zu erhalten, die sie veröffentlichen können: Social Media und Mitarbeiter-Apps wollen laufend „bespielt“ werden. Besonders gefragt sind gute Nachrichten, die zu einem positiven Image des Unternehmens beitragen.

  • Manche Unternehmen haben geregelt, in welcher Häufigkeit jede Abteilung berichtsfähige Inhalte an die Unternehmenskommunikation „liefern“ muss. Auch das Ideenmanagement kann als „Content Lieferant“ dienen und sollte daher in den Redaktionsplänen der Unternehmenskommunikation ausdrücklich berücksichtigt werden. Zum einen lässt sich ein funktionierendes Ideenmanagement insgesamt als positives „Asset“ nach innen und außen darstellen. Aber auch manche konkrete Einzelidee ist im wahrsten Sinne des Wortes „bemerkenswert“ und für Veröffentlichungen geeignet.
  • Indem das Ideenmanagement zu einer positiven Image- und Außenwirkung beiträgt, stärkt es übrigens nicht nur die Arbeitgebermarke (wie beim Bündnispartner „Personalwesen“ erwähnt). Es erleichtert auch die Argumentation gegenüber Kapitalgebern, wenn man anhand von guten Kennzahlen im Ideenmanagement belegen kann, dass sich das Unternehmen durch engagierte Mitarbeiter und eine gute Beteiligungskultur auszeichnet, um dadurch etwa günstigere Konditionen für Darlehen zu bekommen. Auf diesen Effekt hatte ich bereits im Heft 2-10 der Zeitschrift „Ideenmanagement“ hingewiesen.
  • Geeignete Kenngrößen sind vor allem die Anzahl und Häufigkeit von Veröffentlichungen. Wie diese beachtet werden, kann man zwar ansatzweise messen – einen direkten Impact auf das Image und die Außenwirkung festzustellen, dürfte jedoch schwierig sein.

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Abbildung 2: Das Ideenmanagement im Gefüge von Bündnispartnern, mit denen es häufig auch durch eine organisatorische Zuordnung verbunden ist. Die Unternehmensleitung und die Belegschaft sind aufgrund ihrer besonderen Rollen hervorgehoben. Angegeben sind jeweils Stichworte zu Interessensschwerpunkten.

 

Schlussbemerkung

Unternehmen müssen nicht nur individuell klären und definieren, wie sie verschiedene Zieldimensionen gewichten und bewerten, sie sollten auch (unter Einbeziehung der Bündnispartner des Ideenmanagements als „Stakeholder“) regelmäßig überprüfen, inwieweit Ziele erreicht wurden, und Zielvorstellungen für die Zukunft weiterentwickeln. Das gilt sowohl für „SMARTe“ Ziele zu den Nutzendimensionen als auch für eine regelmäßige Auseinandersetzung mit der Funktionalität und Passung des Ideenmanagementprozesses als Teil des Managementsystems. Unabhängig davon, ob dies auf Unternehmensebene geschieht, sollten Ideenmanager von sich aus auf die zuständigen Personen für die einzelnen Themengebiete zugehen, um gemeinsam zu klären, welche Verbindungen man zum beiderseitigen Nutzen knüpfen kann. Für all das bietet der „Kennzahlenvergleich Ideenmanagement“ wertvolle Orientierungshilfen – Sie sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen!

Gewinnen Sie Bündnispartner auf der Basis von gemeinsamen Zielen und Interessen – sprechen Sie dabei mit der Hilfe von Kenngrößen in Zahlen, Daten und Fakten, um den Nutzen für den jeweiligen Bündnispartner zu verdeutlichen!

 

Ein nach Stichworten sortiertes Verzeichnis mit Links auf alle bisher erschienenen Beiträge im Blog zum Ideenmanagement finden Sie in diesem Register.

 

Alle Erwähnungen von Unternehmen und Produkten sind redaktioneller Natur und wurden nicht bezahlt.

Dr. Hartmut Neckel

Dr. Hartmut Neckel

Zum Autor: Dr. Hartmut Neckel ist einer der profiliertesten Vordenker und erfahrensten Praktiker im Themenbereich Ideenmanagement, Innovation und kontinuierliche Verbesserungsprozesse. >> Mehr

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