Kampagnen, Wettbewerbe und andere Sonderaktionen – Praxisbeispiele

Geschrieben von: Michael Baar, Magnus Brückner, Michael Hartlieb, Dr. Hartmut Neckel am: 29.10.2020

  • Themen: Kampagnen, Wettbewerbe und Sonderaktionen im Ideenmanagement, Promotion von Kampagnen, Giveaways für Ideen, User Communities in Kampagnen, kollaboratives Ideenmanagement, Praxisbeispiele

Der Blogbeitrag vom 09.04.2020 beschäftigte sich mit Konzepten und einigen grundsätzlichen Gedanken für Kampagnen, Wettbewerbe und andere Sonderaktionen. Hier folgen nun die damals angekündigten Praxisbeispiele sowie einige „Empfehlungen aus der Praxis für die Praxis“.

CLAAS Selbstfahrende Erntemaschinen GmbH: Für einen Aktionszeitraum (Februar bis Juni 2019) wurde für jede als Vorschlag angenommene Idee eine Gewürzdose von Ankerkraut als Giveaway vergeben (siehe Abbildungen 1 und 2). Damit sollte die Beteiligung generell gesteigert werden – tatsächlich ergab sich im Zusammenspiel mit weiteren Maßnahmen eine Verdoppelung der Vorschlagszahlen.

  • Die Aktion wurde mit einer Postkartenaktion promotet („Gans Schaf auf Deine Ideen.“).
  • Die Gewürzdosen wurden in einer Verpackung überreicht, die der Verpackung für Claas-Ersatzteile ähnelt, aber mit Logo und Sprüchen des Ideenmanagements bedruckt ist (z.B. Chili für „scharfe Ideen“).
  • Es standen fünf verschiedene Gewürzsorten zur Auswahl, beim sechsten Vorschlag erhielt der Einreicher eine WMF-Gewürzmühle.
  • Da die Gewürzdosen nur an nicht anonym eingereichte Vorschläge vergeben wurden, konnte anhand des Rückgangs anonymer Vorschläge die Wirkung der Aktion festgestellt werden.

Blog 21 1 Kampagne Claas 2020 10 29

Abbildungen 1-2: Ankündigungskarte für den Aktionszeitraum, Verpackung für Giveaway [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der CLAAS Selbstfahrende Erntemaschinen GmbH]

 

SIEMENS Energy: Da ein großer Teil der Mitarbeiter Zugang zur Ideenmanagement-Software hat, lässt sich eine gute Mobilisierung für Kampagnen erreichen. Je nach Thema lässt sich aber auch gezielt nur eine Gruppe ausgewählter Personen ansprechen – wie in folgendem Beispiel:

Zur Kampagne „Prozesse digitalisieren“ wurden zunächst 90 Mitarbeiter eingeladen, sich mit Ideen einzubringen. Mit der Zeit wurde der Kreis auf 170 Mitarbeiter erweitert, die insgesamt 35 Ideen eingebracht und diskutiert haben.

  • Nach sechs Monaten waren bereits 25 Ideen in der Umsetzung.
  • Nach Abschluss und aufbauend auf dieser ersten Ideenkampagne, wuchs die User Community in wenigen Monaten auf über 800 Mitarbeiter an, die länderübergreifend über 140 Ideen zur internen Prozessdigitalisierung ausarbeiten.
  • Man hat sich geeinigt, die besten hiervon auch im „regulären“ Ideenmanagement zu bewerten und zu prämieren.
  • Die Rolle / Aufgabe des Ideenmanagements war im Wesentlichen darauf beschränkt, die Kampagne in der Software einzurichten. Vorab war geklärt worden, dass eine intensive Betreuung erforderlich ist (z.B. um den Überblick zu behalten, um die Weiterentwicklung von Ideen zu steuern), die von der an den Ergebnissen der Kampagne interessierten Partei zu leisten ist.

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Abbildung 3: Kampagnenbanner für die Kampagne „Prozesse digitalisieren“ [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von SIEMENS Energy]

 

VDM Metals GmbH: An den Standorten in Deutschland und den USA wurde ein länderübergreifender Wettbewerb zum Thema „Sicher durch den Alltag“ durchgeführt. Im Auftrag der Geschäftsführung stand das Thema „Stolpern, Stürzen, Heben, Steigen“ im Fokus.

  • Zum Auftakt des dreimonatigen Wettbewerbs fand eine Roadshow statt: Als Lego-Figuren verkleidete Mitarbeiter verteilten Flyer, dabei wurden den Mitarbeitern auch Popcorn (Ideenfutter) und Energy-Drinks angeboten (siehe Abbildung 4). Parallel wurde der Flyer mit den Rahmen-bzw. Teilnahmebedingungen den Mitarbeitern nach Hause gesendet.

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Abbildung 4: Roadshow zum Auftakt der Kampagne „Sicher durch den Alltag“ [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der VDM Metals GmbH]

  • Nachdem zunächst ein Budget von 25.000 € vorgesehen war, erhöhte der CEO der VDM Metals kurz vor dem Start den Betrag auf 40.000 €. Neben attraktiven Sachpreisen (u.a. Vespa-Roller) wurde ein Award für die beste Idee vergeben.
  • Zur Halbzeit der Kampagne wurde auf Betriebsversammlungen und auf Info-Screens in den Betrieben ein Film gezeigt, der zum Mitmachen motivierte.
  • Während bei früheren Kampagnen (zur Motivation und Honorierung) Verlosungen unter allen Einreichern durchgeführt wurden, sollte diesmal ein Ranking der Ideen erfolgen, um die Bedeutung von Qualität hervorzuheben.
  • An jedem Standort wurde daher eine Jury mit 6 Mitgliedern gebildet, die die Gewinner des jeweiligen Standorts ermittelte. Die Juroren wurden bewusst aus verschiedenen Fachgebieten und Erfahrungshintergründen ausgewählt. Die gekürten Ideen sollten selbsterklärend sein und mit gesundem Menschenverstand beurteilt werden können.
  • Die Bewertung erfolgte anhand eines individuell für diesen Wettbewerb erstellten Katalogs mit 6 Kriterien, die über die verschiedenen Maximalwerte unterschiedlich gewichtet wurden. Die Juroren konnten per Klick im Kampagnentool der Hype Software angeben, welchen Prozentwert des Maximalwerts [in eckigen Klammern] sie vergeben:
    - Reduzierung von Gefährdung durch Technik [40]
    - Reduzierung von Gefährdung durch Organisation [30]
    - Reduzierung von Gefährdung durch Verhalten [20]
    - Übertragbarkeit auf andere Standorte, Anlagen [30]
    - Kosten und Effizienz [20]
    - Kreativität, Innovationsgehalt [20]
  • Das bewirkte aus Sicht der Arbeitssicherheit einen Riesen-Benefit, da auf Basis der Bewertung die größten Gefährdungen und Risikopotentiale standort- und länderübergreifend transparent dargestellt werden konnten.
  • Nach Abschluss der Bewertung konnte jeder Ideengeber sehen, welchen Platz seine Idee(n) im Ranking erhielt(en).
  • Insgesamt wurden im Rahmen des Wettbewerbs 369 Ideen und Potentiale eingereicht.

Ein weiteres Praxisbeispiel folgt im nächsten Blogbeitrag zum „Erfolgsfaktor 2/9 – Prozess: Kooperation“.

 

Empfehlungen aus der Praxis für die Praxis

Eine sorgfältige Planung und gute Vorbereitung sind das A und O. Aber auch während der Durchführung gibt es einige Stellhebel für den Erfolg. Im Folgenden haben wir die wichtigsten Checkpunkte zusammengestellt.

Vorbereitung (ggf. gemeinsam mit Initiator / Auftraggeber):

  • Definieren Sie die Aktion und ihr Thema: Bewährt hat sich ein möglichst konkreter Fokus, der aber einen Bezug zu einer übergeordneten strategischen Zielrichtung des Unternehmens hat (dadurch wird die Bedeutung des speziellen Themas unterstrichen).
  • Klären Sie den Anspruch: Geht es Ihnen darum, einen möglichst großen Personenkreis zum Mitmachen zu bewegen, oder wollen Sie vor allem möglichst gute und passende Ideen erhalten (vielleicht sogar nur den „einen Treffer ins Schwarze“)?
  • Wählen Sie den Teilnehmerkreis aus: Je nach Anspruch würde man alle Mitarbeiter als potentielle Ideengeber einladen oder nur eine begrenzte und gezielt ausgewählte Community.
  • Definieren Sie den Einreichungsprozess: Falls Sie möglichst viele Teilnehmer einladen wollen und gleichzeitig einen hohen Qualitätsanspruch haben, hat sich bewährt, Ideen zunächst in Diskussionen innerhalb der eingeladenen Community anreichern zu lassen, bevor sie der Bewertung zugeführt werden.
  • Definieren Sie die Rollen im Bearbeitungs- und Entscheidungsprozess: Je nach Thema und Unternehmensstruktur gibt es verschiedene Möglichkeiten und Erfordernisse. Die Abfolge „Erste Prüfung im jeweils betroffenen Bereich – zweite Prüfung durch eine Jury mit dem Initiator / Auftraggeber der Aktion – Bewertung im Rahmen des Ideenmanagements“ steht daher nur beispielhaft für viele andere Optionen.
  • Klären Sie die Honorierung bzw. Incentivierung: Je nach Anspruch kann es sinnvoll sein, nur symbolische Gewinne auszuloben, während besonders attraktive Gewinne zu viel „Masse“ (statt „Klasse“) führen können.
  • Konzipieren Sie Kommunikations- und Marketingaktionen zur Bekanntmachung vor und zur laufenden Promotion während der Aktionsphase: Hier können Sie alle Register ziehen! Plakate, Teaser auf der Startseite des Intranets, eine eigene Kampagnenseite im Softwaretool des Ideenmanagements, Informationsstände an geeigneten Orten und bei passenden Gelegenheiten sowie die in den 3 Praxisbeispielen genannten Maßnahmen sind nur ein kleiner Teil des denkbaren Spektrums.

Zum Start und während der Durchführung:

  • Führen Sie die vorbereiteten Kommunikations- und Marketingaktionen durch.
  • Sorgen Sie für eine aktive Betreuung während der Aktionsphase: Kontinuierliche Informationen zum Zwischenstand und gelegentliche Statements der Unternehmensleitung sind ebenso wichtig wie die Präsenz von „Kümmerern“ oder „Kampagnen-Paten“ vor Ort.

Zum und nach dem Abschluss:

  • Sorgen Sie für die Bewertung und Auswahl der Ideen: Dafür sollte die Verfahrensweise bereits vorab festgelegt worden sein. Natürlich kann mit der Bewertung und Auswahl auch schon vor dem Ende des Kampagnenzeitraums begonnen werden.
  • Sorgen Sie für Würdigung und Rückinformation: Je mehr positive Aufmerksamkeit durch die Übergabe von Awards oder Preisen erzeugt wird, desto größer werden die Erfolgschancen für nachfolgende Kampagnen. Das Gleiche gilt für die umfassende und ansprechende Information über die Ergebnisse.
  • Führen Sie eine Erfolgskontrolle durch und dokumentieren die Lessons Learned: Das hilft Ihnen, bei den nächsten Kampagnen nicht „das Rad neu erfinden“ zu müssen …

Beachten Sie: Kampagnen benötigen eine sorgfältige Vorbereitung und intensive Begleitung. Der erforderliche Aufwand muss zuweilen interessierten Parteien, die eine Kampagne zu ihrem Thema mit methodischer Unterstützung des Ideenmanagements durchführen möchten, erst vermittelt werden.

Lesen Sie auch die anderen Blogbeiträge zu Kampagnen:

 

Ein nach Stichworten sortiertes Verzeichnis mit Links auf alle bisher erschienenen Beiträge im Blog zum Ideenmanagement finden Sie in diesem Register.

 

Alle Erwähnungen von Produkten und Unternehmen sind redaktioneller Natur und wurden nicht bezahlt.

Michael Baar, Magnus Brückner, Michael Hartlieb, Dr. Hartmut Neckel

Michael Baar, Magnus Brückner, Michael Hartlieb, Dr. Hartmut Neckel

Dieser Blogbeitrag entstand aus Berichten der Autoren in den Arbeitskreisen „Globales Ideenmanagement“ und „Ideenmanagement in Unternehmen mit 1000-5000 Mitarbeitern“.

Michael Baar, geboren 24.06.1971, ist Betriebswirt VWA und hat die Qualifikation als Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie einen Abschluss als REFA-Industrial-Engineer Fachrichtung Arbeitsgestaltung und Betriebsorganisation. Bei VDM Metals leitet er die Arbeitswirtschaft und verantwortet zudem die Themenbereiche Allgemeine Verwaltung, Arbeitssicherheit, Betriebliches Gesundheitsmanagement und Ideenmanagement. Die von ihm durchgeführte Reorganisation des Ideenmanagements bei VDM Metals wurde 2017 mit einem Award für den 3. Platz in der Kategorie „Bestes Ideenmanagement Deutschlands“ ausgezeichnet.

Kontakt: michael.baar@vdm-metals.com

Magnus Brückner, geboren 29.03.1969, lebt mit seiner Familie in der Nähe von Coburg in Oberfranken. Nach der kaufmännischen Ausbildung und dem berufsbegleitendem BWL-Studium war er fast 10 Jahre in Vertriebsfunktionen tätig. Seit Anfang 2001 ist er in verschiedenen Funktionen bei Siemens beschäftigt – u.a. als kaufmännischer Ausbildungsleiter, Weiterbildungsbeauftragter, Ideenmanager. Das Ideenmanagement des Energiebereiches hat er in vielen Standorten und Ländern erfolgreich entwickeln und unterstützen können.

Kontakt: magnus.brueckner@siemens.com

Michael Hartlieb, geboren 12.02.1977, lebt mit seiner Familie in Ibbenbüren. Nach der Ausbildung zum Informatiker und dem anschließenden Studium zum Wirtschaftsingenieur war er 5 Jahre als Projektleiter tätig. Seit Anfang 2012 verantwortet er bei CLAAS Selbstfahrende Erntemaschinen das Betriebliche Vorschlagswesen. Das Ideenmanagement des Unternehmens hat er in vielen Standorten und Ländern erfolgreich entwickeln und unterstützen können.

Kontakt: michael.hartlieb@claas.com

Dr. Hartmut Neckel ist einer der profiliertesten Vordenker und erfahrensten Praktiker im Themenbereich Ideenmanagement, Innovation und kontinuierliche Verbesserungsprozesse. >> Mehr

Kontakt: kontakt@hartmut-neckel.de