Die errechnete Einsparung im Ideenmanagement erhöhen – aber wie?

Geschrieben von: Dr. Hartmut Neckel am: 17.02.2023

  • Themen: Einsparung im Ideenmanagement, Erhöhung der Qualität von Ideen und Vorschlägen, finanzieller Nutzen des Ideenmanagements

Die Schwierigkeit, geeignete Ansatzpunkte zur Erhöhung der errechneten Einsparung zu finden, kam schon in einigen Blogbeiträgen zur Sprache. Meist setzt man darauf, durch ein Mehr an Vorschlägen auch die Chancen auf finanziell einsparwirksame „Treffer“ zu steigern. Im Sinne eines Brainstormings stelle ich hier eine Sammlung von Möglichkeiten vor, was Unternehmen noch tun könnten, um die Qualität von Vorschlägen im Allgemeinen und errechnete Einsparungen im Besonderen zu fördern.

„Money makes the world go around“ heißt es im bekannten Refrain eines Liedes aus dem Film „Cabaret“. Und Geld zu verdienen, ist eine wesentliche Überlebensvoraussetzung für Unternehmen. Was kann man tun, damit das Ideenmanagement dazu einen möglichst großen Beitrag leistet?

Bei folgenden Ansatzpunkten halte ich es zumindest für plausibel, dass sie einen positiven Effekt auf die Höhe der errechneten Einsparung haben könnten. Evidenzen, dass tatsächlich eine direkte Ursache-Wirkungs-Beziehung besteht, gibt es allerdings kaum – und leider schon gar keine Garantien auf unmittelbaren Erfolg in einem konkreten einzelnen Unternehmen.

Die aufgeführten Möglichkeiten liegen auf einem breiten Spektrum zwischen „theoretisch denkbar“ und „realistisch machbar“, wobei jedes Unternehmen zwischen diesen Polen unterschiedlich verortet sein wird. Über Ihre Anregungen und Erfahrungsberichte würde ich mich sehr freuen!

 

Tipps von A bis Z

Abfrage beim Einreichen: Im (digitalen oder analogen) Formular könnten Einreicher ankreuzen müssen, ob die vorgeschlagene Idee ihrer Ansicht nach zu einer rechenbaren Einsparung führen würde. Das könnte zu einer Stärkung der Aufmerksamkeit für einsparwirksame Verbesserungspotentiale beitragen. Bei einem „Ja“ könnten weitere Angaben zu Berechnung der Einsparung abgefragt werden.

Anzahl der Vorschläge: Eine Anzahl von eingereichten Vorschläge oberhalb einer „kritischen Schwelle“ zu erreichen, könnte dazu beitragen, dass vorhandene Einsparpotentiale tatsächlich in einem nennenswertem Ausmaß genutzt werden. Das war Thema im Blogbeitrag „Zur Diskussion: Bringen mehr Ideen mehr Geld?“.

  • Auch die Ergebnisse des Kennzahlenvergleichs Ideenmanagement lassen sich so interpretieren, dass bei einer höheren Anzahl von Vorschlägen die Chancen auf einsparwirksame Vorschläge steigen. Im Blogbeitrag „Kennzahlenvergleich Ideenmanagement 2021 – Teil 3: Einflüsse auf die Einsparung“ hatte ich aber auch auf die Grenzen dieser Interpretation hingewiesen: Es gibt genügend Unternehmen, die selbst bei einer großen Anzahl von Vorschlägen nur eine geringe Einsparung erzielen.

Ausbildung, Fortbildung: Bei der Aus- und Fortbildung von Mitarbeitern könnten auch Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die dazu befähigen, nutzbringende Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen und entsprechende Vorschläge in gut ausgearbeiteter Form vorzubringen.

  • Geeignete Inhalte sind etwa: Produktkenntnisse, Informationen zum Markthintergrund, Anwendung von „W-Fragen“, Arten der Verschwendung, Kostenblöcke und Kostenstrukturen, grundlegende Kreativmethoden (z.B. 5 Why, Ishikawa, Brainstorming), Prinzip des PDCA-Zyklus – sowie nicht zuletzt die Existenz des Ideenmanagements an sich (inkl. Funktionsweise / Abläufe / Ansprechpartner / Kennzahlen).
  • Derartige Inhalte könnten über verschiedene Wege und Medien vermittelt werden, z.B.: Präsentationen und Videos im Intranet oder auf Verzeichnissen (an prominenter und zentraler Stelle), im Intranet oder per App abrufbare E-Learning-Einheiten, Bildschirme mit wechselnden Informationen, Einführungstage für neue Mitarbeiter, gezielte Schulungen und Workshops.
  • Das Praxisbeispiel eines bei der TRILUX GmbH & Co. KG praktizierten Schulungskonzepts finden Sie im Blogbeitrag „Erfolgsfaktor 1/9 – Prozess: Flexibilität“.

Einreicherpotentiale: Häufig halten sich gerade neue, junge und gut qualifizierte Mitarbeiter vom Ideenmanagement eher fern. Neue Mitarbeiter wollen nicht gleich als „Kritiker“ auffallen, auf junge Menschen wirkt der Auftritt des Ideenmanagements oft nicht mehr zeitgemäß, und je höher die Qualifikation, desto eher werden andere Kanäle als angemessen für die Qualität der eigenen Ideen gehalten. Dabei handelt es sich jedoch um Personengruppen, von denen grundsätzlich „gute“ Ideen zu erwarten sein könnten.

  • Wenn diese Ideen vollständig auf anderen Wegen zur Umsetzung kommen würden, ergäbe sich für das Unternehmen dieselbe Einsparwirkung – sie würde lediglich nicht im Ideenmanagement nachgewiesen (was aufs Ganze gesehen also völlig ok wäre). Zu befürchten ist allerdings, dass ein Teil der nicht in systematische Kanäle eingebrachten Ideen im Getriebe des Alltags untergeht – genau deshalb gibt es ja das Ideenmanagement: um Dokumentation und Nachverfolgung in einem definierten Workflow sicherzustellen.

Maßnahmen zur Förderung des Image und der Attraktivität des Ideenmanagements (z.B. Apps, Social Media, Prämienkarten, allgemeines Marketing) und die gezielte Ansprache neuer Mitarbeiter könnten also dazu beitragen, dass Personen als Einreicher gewonnen werden, bei denen ein großes Potential für einsparwirksame Ideen vorhanden ist.

Feedbackgespräche: Wenn eine Idee (aus guten Gründen) nicht umgesetzt wird, bedeutet dies, dass dem Einreicher diese Gründe vorab nicht bekannt waren, er etwas nicht richtig verstanden oder etwas nicht bedacht hat – sonst hätte er die Idee vermutlich nicht vorgeschlagen. Insofern gilt es, diese Situation als Anlass zu einer „Mini-Schulung“ im Rahmen des erläuternden Gesprächs zu nutzen. Dem Mitarbeiter sollten darin die Hintergründe, Zusammenhänge und relevanten Zahlen, Daten und Fakten erklärt werden. Damit trägt die Kommunikation über nicht umgesetzte Ideen zu einer fortgesetzten Personalqualifizierung „im Kleinen“ bei (mehr dazu finden Sie in der „Toolbox Ideenmanagement“ auf Seite 76; einen Leitfaden für ein derartiges „Erklärungsgespräch“ auf Seite 105).

Handreichungen: Anleitungen für Mitarbeiter: „Wie erkenne ich Einsparpotentiale?“, „Wie mache ich einen (guten) Vorschlag?“ sowie für Führungskräfte und Gutachter: „Wie kann ich aus einem Vorschlag mehr herausholen?“, „Wie erkenne ich einen (guten) Vorschlag?“ könnten dazu beitragen, dass mehr einsparwirksame Vorschläge gemacht bzw. erkannt und umgesetzt werden.

  • Solche Anleitungen könnten etwa als Taschenkarten verteilt, auf die Rückseite von Papierformularen gedruckt, in der Ideenmanagementsoftware bzw. App zum Abruf als Dokument oder Video angeboten, oder im Wechsel mit anderen Anzeigen auf Infoscreens gezeigt werden.
  • Das Praxisbeispiel einer bei der CLAAS Selbstfahrende Erntemaschinen GmbH genutzten Broschüre „Für Bessermacher. Tipps und Tricks & Platz für Deine Ideen“, die Mitarbeiter beim Entwickeln und Einreichen von Ideen unterstützen soll, finden Sie im Blogbeitrag „Erfolgsfaktor 9/9 – Ressourcen: Know-how“.
  • Einen Leitfaden als Hilfestellung für Einreicher finden Sie in der „Toolbox Ideenmanagement“ auf Seite 73.

Kampagnen: Wie im Blogbeitrag „Kampagnen im Ideenmanagement – was sie bringen, wie sie wirken“ erläutert, lassen sich die Ergebnisse des Kennzahlenvergleichs Ideenmanagement 2021 so interpretieren, dass Kampagnen die Chancen auf einsparwirksame Vorschläge erhöhen. Auch diese Interpretation hat ihre Grenzen: Es gibt durchaus viele Unternehmen, die „trotz“ Kampagnen nur geringe errechnete Einsparungen verzeichnen.

Mehrfachnutzung: Einsparungen werden höher, wenn einsparwirksame Verbesserungen an allen Anwendungsmöglichkeiten umgesetzt werden (dafür zu sorgen, dass dies geschieht, kann als Sonderfall der Weiterentwicklung von Vorschlägen betrachtet werden, siehe unten). Das lässt sich auf verschiedenen Wegen fördern:

  • Einreicher könnten im Formular oder in der Eingabemaske angekreuzt können: „Ist an xxx Stellen anwendbar.“
  • Bei der Bewertung könnten Gutachter eine Angaben zu ihrer Einschätzung der „Anwendungsbreite“ eingeben müssen. Dadurch könnten sie sensibilisiert werden, auf weitere Anwendungsmöglichkeiten zu achten.
  • In der Software könnten Gutachter ein Feld anklicken, wenn sie die Ideen als Impuls an eine andere Abteilung oder an einen anderen Standort senden wollen.
  • Alle Führungskräfte und Gutachter könnten geschult wurden, mögliche Synergien zu erkennen.
  • Alle Vorschläge mit einer errechneten Einsparung über xxxxx € könnten in einem geregelten Prozess (z.B. von einem Projektteam) auf die Ausschöpfung ihres Anwendungspotentials überprüft werden.

Nachhaltigkeit: Vorschläge, die eine höhere errechnete Einsparung bewirkt haben, könnten nach einer gewissen Zeit auf Wirksamkeit überprüft werden. Das würde dazu beitragen, dass nutzbringende Vorschläge dauerhaft umgesetzt werden und man nicht wieder in den Vorher-Zustand zurückfällt.

  • In der Software könnte nach Abschluss eines Vorschlags markiert werden müssen, ob und ggf. wann ein Vorschlag zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden soll.

Personalauswahl (inkl. Auszubildende): Bei Einstellungen könnten neue Mitarbeiter (auch) danach ausgewählt werden, ob von ihnen zu erwarten ist, dass sie mitdenken und (gute) Ideen einbringen.

  • Für eine entsprechende Einschätzung der Bewerber könnten die vorhandenen Interview-Leitfäden für Vorstellungsgespräche um entsprechende Fragen ergänzt werden (z.B. nach beim letzten Arbeitgeber oder in der Freizeit angestoßenen oder realisierten Verbesserungen).

Personalkapazität für das Ideenmanagement: Im Kennzahlenvergleich Ideenmanagement 2021 zeigte sich, dass in Unternehmen mit einer überdurchschnittlichen (d.h. über dem Medianwert liegenden) Personalkapazität für das Ideenmanagement häufiger hohe errechnete Einsparungen erzielt werden als in Unternehmen mit einer unterdurchschnittlichen Personalkapazität. Dass dies nicht unbedingt als „Beweis“ eines Ursache-Wirkung-Zusammenhangs gelten darf, hatte ich im Blogbeitrag „Kampagnen im Ideenmanagement – was sie bringen, wie sie wirken“ erläutert.

Weiterentwicklung von Vorschlägen: Manche Ideen brächten keine Einsparung, wenn sie so umgesetzt würden, wie sie vorgeschlagen wurden – hätten aber das Potential, zu einer einsparwirksamen Verbesserung weiterentwickelt zu werden.

  • Das könnte auf verschiedenen Wegen erfolgen: Gutachter könnten den Vorschlag an den Einreicher „zurückspielen“, um ihn zu einer vertieften Ausarbeitung zu veranlassen (oder diese gemeinsam mit ihm erarbeiten); es könnte in moderierten Workshops versucht werden, aus der Idee möglichst viel „herauszuholen“; oder die Idee könnte in den internen Social Media des Unternehmens zur Diskussion gestellt werden (in der gesamten Community oder auch nur in einem begrenzten und gezielt dazu eingeladenen Personenkreis).
  • Bei der Generali Deutschland AG ist die Diskussion der eingereichten Ideen durch die Community per Kommentare und Votings ein definierter Prozessschritt, für den in der „Ideenmanagement-Reise“ 15 Tage vorgesehen sind. Mehr dazu finden Sie im Blogbeitrag „Erfolgsfaktor 3/9 – Prozess: Organisation“.
  • Zudem könnten gezielt andere Einreicher zu Ausarbeitungen hinzugezogen werden, die selbst bereits mehrfach einsparwirksame Vorschläge gemacht hatten (auch dann, wenn sie aus anderen Abteilungen kommen – fachfremde „helle Köpfe“ können oft neue Impulse liefern, auf die unmittelbar und tief mit der Sache vertraute Personen nicht mehr kommen).
  • Ebenso könnten „High Potentials“ und Nachwuchskräfte damit betraut werden, Ideen zu entsprechenden Themen so weiterzuentwickeln, dass am Ende eine errechnete Einsparung erzielt wird (als „Mini-Projekte“, an denen sie trainieren und sich bewähren können).
  • Führungskräfte und Gutachter könnten in Schulungen sensibilisiert werden, auf solche Potentiale zu achten.

Zielvorgaben: Wenn eine Unternehmensleitung konkrete Zielwerte für die Höhe der errechneten Einsparung vorgibt, könnte das dazu beitragen, die Aufmerksamkeit stärker auf einsparwirksame Verbesserungspotentiale zu lenken. Der Einsatz von Führungskräften und Gutachtern, Mitarbeiter bei der Entwicklung entsprechender Ideen zu unterstützen, könnte dadurch gefördert werden.

Zukünftige Klärungen: Im ergänzenden Benchmarking des aktuellen „Kennzahlenvergleichs Ideenmanagement 2022“ wird untersucht, wie etwa Durchlaufzeiten, die Art der Prämierung und der Stand bei der Bewältigung typischer Herausforderungen des Ideenmanagements mit der Höhe der errechneten Einsparungen zusammenhängen. Möglicherweise ergeben sich hier weitere nützliche Hinweise – in jedem Fall darf man auf die Ergebnisse gespannt sein!

  • In zukünftigen Kennzahlenvergleichen könnte zudem abgefragt werden, welche der hier zusammengetragenen Möglichkeiten in der Praxis genutzt werden. Daraus könnten dann Schlüsse auf deren Einfluss auf die Höhe der Einsparung gezogen werden. Wie im Blogbeitrag „Was im Ideenmanagement am meisten interessiert: Zeit und Geld“ geschildert, können Sie als Teilnehmer am Kennzahlenvergleich Ideenmanagement mit darüber abstimmen, welche Themen im jeweils nächsten Jahr beim ergänzenden Benchmarking berücksichtigt werden sollen.
  • Wenn Sie nun an den Ergebnissen interessiert sind und am Kennzahlenvergleich Ideenmanagement 2022 teilnehmen wollen, können Sie das Datenblatt hier downloaden (die Datenerfassung läuft noch bis Ende März 2023).

 

Die Höhe der errechneten Einsparung lässt sich nur schwer direkt steuern – umso wichtiger ist es, langfristig zu denken und einen breiten Mix an Einflussmöglichkeiten zu nutzen!

 

Ein nach Stichworten sortiertes Verzeichnis mit Links auf alle bisher erschienenen Beiträge im Blog zum Ideenmanagement finden Sie in diesem Register.

 

Alle Erwähnungen von Unternehmen und Produkten sind redaktioneller Natur und wurden nicht bezahlt.

Dr. Hartmut Neckel

Dr. Hartmut Neckel

Zum Autor: Dr. Hartmut Neckel ist einer der profiliertesten Vordenker und erfahrensten Praktiker im Themenbereich Ideenmanagement, Innovation und kontinuierliche Verbesserungsprozesse. >> Mehr

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